Haushaltsrede von Gabriel Baum zum Doppelhaushalt 2022/2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister und Amtsleiter, sehr geehrte Damen und Herren!

Heute haben wir uns versammelt, um die Stellungnahmen zum Doppelhaushalt 2022/2023 zu hören. Die vergangenen Jahre waren geprägt von der Pandemie und ihren direkten Auswirkungen auf die Menschen, und auf die Kassen. Heute werden die immer noch präsenten Sorgen übertönt vom Kriegslärm. Die militärische Aggression, befohlen von einem eiskalt kalkulierenden Autokraten, versetzt Menschen in Angst und Schrecken, vertreibt Frauen und Kinder aus ihrer Heimat, zwingt Männer in tödliche Gefechte, bringt der Zivilbevölkerung in der Ukraine Hunger und Tod.

Heute bin ich aber auch stolz darauf Europäer zu sein. Die schon verloren geglaubte Einigkeit wird in dieser Krise wieder erlebbar. Die riesige Hilfsbereitschaft beeindruckt. Und Schwäbisch Gmünd zeigt wieder, dass der Sichere Hafen für Vertriebene und Flüchtlinge kein Schlagwort ist, sondern gelebte Solidarität. Wer auf Schwäbisch Gmünd blickt, soll keinen Zweifel daran haben, dass diese Stadt bereit zur Aufnahme der Geflohenen ist. Herr Oberbürgermeister, Herr Baron – wir stehen hinter Ihnen, wenn Sie in Kreis, Land und Bund eine aktive Rolle in der Bewältigung der Herausforderungen einnehmen.

Einen eleganten Übergang vom Ukrainekrieg zum Haushalt der Stadt gibt es nicht. Daher versuche ich mich auch nicht daran, und gehe direkt über.

Vor uns liegt heute ein dickes Buch. Sie, Herr Bantel und Ihre Kolleg*innen haben einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der es in sich hat. Es enthält doppelt so viel Geld wie die bisherigen Haushalte, wiegt aber fast 200 Gramm weniger als das Vorgängermodell. Zugegeben: Einjähriger Ballast wurde ausgelagert. Aber trotzdem lässt sich damit vielleicht schon abschätzen, dass der Doppelhaushalt einen Effizienzgewinn darstellt. Das gilt zumindest für die Kämmerei. Oder warum sonst planen Sie schon die nächste Revolution – den Beschluss der Haushaltssatzung 2024 noch im Jahr 2023. Für das Erreichte und die Ambitionen an dieser Stelle schon mal einen Glückwunsch und Dank

Unser Dank und unsere Anerkennung geht auch an Sie, Herr Bürgermeister Baron. In der Phase der Haushaltsaufstellung haben Sie in die Tat umgesetzt, was Sie versprochen haben. Sie waren in den Fraktionen, haben uns in Ihre Überlegungen einbezogen und Anregungen mitgenommen. Diesen begonnenen Dialog im Zuge der Haushaltsaufstellung wollen wir gerne mit Ihnen fortsetzen.

Wir haben uns allerdings die Frage gestellt, was Sie schließlich aus unseren Gesprächen in die konkrete Ausgabenplanung aufgenommen haben. Sie mögen vielleicht sagen: „Gehört zu werden bedeutet noch nicht erhört zu werden.“ Wir hätten allerdings noch einen größeren Schritt in Richtung eines Klimahaushalts erwartet, denn das ist die große Herausforderung der Zukunft – global ebenso wie in Schwäbisch Gmünd. Der jüngste Bericht des Weltklimarats hat es wieder deutlich vor Augen geführt, was auf den Globus, die Pflanzen, Tiere und Menschen ungebremst zurast. Dass es die ärmeren Kontinente und Menschen am härtesten trifft, darf kein Anlass sein sich zurückzulehnen. Denn wir haben viel mehr als sie zum Klimawandel beigetragen. Daher haben wir die Pflicht viel entschlossener zu handeln.

Die Effizienz in der Haushaltsaufstellung und das reduzierte Gewicht des Entwurfs lassen leider nicht auf den Inhalt schließen, denn der hat es in sich. Oder wiegen negative Zahlen weniger als positive? Der Haushaltsentwurf 2022/2023 führt nun in Ziffern und Zahlen vor Augen, was sich bereits in den letzten Jahren angekündigt hat: Dass Schwäbisch Gmünd den Richtungswechsel im Umgang mit Schulden geht und gehen muss. Warum sage ich, dass Gmünd diese Richtung einschlagen muss? Natürlich wegen Corona und seiner Auswirkungen. Wegen der Gewerbesteuereinbrüche und weil die prognostizierte Erholung möglicherweise nicht so schnell kommt. Wegen der steigenden Personalkosten. Wegen des Investitionsstaus bei Gebäuden und in der Infrastruktur. Und – kurzfristig – wegen des Industriegebiets im Aspenfeld. Lässt man Aspen als Sondereffekt außer Acht, so bleibt dennoch der Ausblick auf ein Tal der Tränen für den inzwischen an Schuldenabbau gewöhnten Gemeinderat. Was wir brauchen, ist eine neue Diskussion um Kosteneinsparung und Erhöhung der Einnahmen. Das erreichen wir nicht von heute auf morgen. Allerdings darf der Haushalt auch nicht dauerhaft auf Schulden bauen. Gerechtfertigt ist eine Schuldenaufnahme aber jetzt durchaus – und zwar wegen unserer Verpflichtung zur Klimawende. Denn solche Investitionen machen Gmünd zukunftssicherer. Einfache Erhaltungsinvestitionen dürfen nicht auf Pump erfolgen. Das widerspricht jeglicher kaufmännischen Vernunft.

Ihr Ausblick, Herr Bantel auf den turnaround im Jahr 2025 macht Hoffnung, ist aber kein Selbstläufer. Denn gerade die Kosten der Kinderbetreuung werden weiter steigen und der Sanierungsstau löst sich nur sehr langsam auf. Daher sind wir der Ansicht, dass in den kommenden zwei Jahren über die Stellschrauben der Haushaltsfinanzierung diskutiert werden muss.

Vor allem wünschen wir uns eine Debatte um das Thema Bevölkerungsentwicklung und Wohnraum. Wir fordern weiterhin eine Abkehr von der vermeintlichen Gleichung „Mehr Bürger*innen = Mehr Steuerzuweisung + Sonderergebnis aus Neubauflächenentwicklung“. In dieser Gleichung fehlen nämlich die Folgekosten und das Flächensparziel.

Eine Folgekostenberechnung haben wir immer wieder beantragt. Leider konnte die Stadtverwaltung nicht dienen. Im Internet gibt es allerdings – vereinfachte – Kostenberechnungen. Sie verdeutlichen, dass allein die Erhaltung der Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur neuer Wohngebiete jährlich hunderttausende Euro kostet. Zusätzlich müssen die Folgekosten für Kindergärten und Schulen, Bäder und andere Einrichtungen angesetzt werden. Überhaupt nicht tauchen die Folgekosten auf, für die wir bisher kein Geld bezahlen müssen: Klimawirkung, Flächenverbrauch, Verkehr und Verkehrslärm, usw. Dafür werden allerdings in Zukunft doch öffentliche Mittel fällig, zum Beispiel für die Linderung der Erhitzung der Stadt und der Teilorte, für Bewässerungen, für Pflanzungen, oder auch für geringere Erträge des Stadtwaldes. Das kann auch nicht schöngeredet werden. Insofern klingt es schon fatalistisch-bitter, wenn sich Schwäbisch Gmünd in der Beschreibung des Baugebiets am Vogelhof anpreist als „Kulturstadt mit fast mediterranem Flair in der Innenstadt“. Bei weiterem Temperaturanstieg ist damit zu rechnen, dass der Bauherr von heute, künftig wirklich ein mediterranes Klima in GD vorfinden wird einschließlich einer zwangsweisen Siesta in der größten Mittagshitze.

Sie werden möglicherweise denken: Es geht den Grünen eigentlich nur um die Verhinderung von Neubaugebieten, die wollen halt das Eigenheim verbieten und Zuzug abwehren. Da lägen Sie dann allerdings völlig falsch. Uns geht es schon immer um eine nachhaltige Entwicklung, auch der Einwohnerzahlen. Natürlich muss man da die Finanzflüsse in den Blick nehmen. Aber man darf doch die sozialen und die Umweltfolgekosten nicht außer Acht lassen! Deshalb müssen wir gemeinsam an Wegen arbeiten, um aus dem Teufelskreis der Flächenentwicklung heraus zu kommen. Was meine ich mit Teufelskreis? Jetzt ist es doch so: Je mehr Einwohner, umso mehr Geld brauchen wir. Je mehr Geld wir brauchen, umso mehr Einwohner braucht die Kommune. Wie kommen wir aus dieser Zwickmühle heraus?

Wir dürfen nicht langfristig mit Sonderergebnissen aus der Entwicklung von Neubaugebieten rechnen, denn die Ressource Fläche ist endlich. Vielmehr müssen wir gemeinsam – möglichst mit den Kommunalverbänden – kämpfen, um davon weg zu kommen, dass Neubaugebiete kurzfristig für die Gemeinden das vermeintlich beste Geschäft sind. Wir brauchen dafür aber Rezepte für die Zukunft. Die Bauentwicklung muss zukünftig vorrangig und weit überwiegend im Bestand erfolgen. Eine Verdichtung oder Aufstockung ist in vielen Baugebieten schon ohne eine neue Satzung möglich, da die zulässige Dichte noch bei weitem nicht ausgenutzt ist. Zum Beispiel für ein Mehrgenerationen-Wohnen. Wie wäre es zum Beispiel, wenn die bäuerliche Tradition der Ausdinghäuser in Form von tiny houses im Garten wiederbelebt wird? Die Menschen mit Eigentum sollten ermuntert werden, ihre Grundstücke und Häuser kreativ weiter zu entwickeln. Aber warum davor zurückschrecken, auch bestehende Bebauungspläne für mehr Innenentwicklung weiterzuentwickeln? Es müssen progressive Antworten gegeben werden, wenn zum Beispiel Bürger*innen auf Flachdachbungalows eine Aufstockung oder ein Dach errichten wollen. Verwaltung soll das viel aktiver unterstützen.

Und wenn es doch noch Neubaugebiete geben wird, dann muss das Bauprivileg in Zukunft auch verbunden werden mit Umwelt- und Klimaneutralität. Darauf dringen wir seit Jahren. Aber wir warten seit über zwei Jahren auf das Konzept eines CO2-neutralen Baugebiets, das für das Gebiet „Am Hopfengarten“ versprochen wurde. Wir beantragen daher einen Bericht zum Stand der dahingehenden Planungen im nächsten Bau- und Umweltausschuss.

Traditionell beschäftigen wir uns im Gemeinderat gerne mit Wald- und Forstfragen, auch weil die Stadt zusammen mit der Hospitalstiftung eine große Waldeigentümerin ist. Mit der Landwirtschaft beschäftigen wir uns in diesem Gremium eher selten. Die Landwirtschaft ist allerdings Flächenlieferantin Nr. 1, wenn es um Neubauflächen geht. Daher beantragen wir die Einladung eines Vertreters des Kreisbauernverbands, um dem Gremium die Situation der Landwirtschaft in Schwäbisch Gmünd aus berufsständischer Sicht darzulegen. Das Thema Ernährungssicherung hat in diesen Tagen erschreckend an Bedeutung gewonnen. Deshalb ist uns der Originalton wichtig, wenn wir in der Flächennutzungsplanung voranschreiten.

Mit zunächst 35 ha ist das Aspenfeld auch finanziell ein großer Brocken im Haushalt. Wir bekräftigen deshalb hier und heute nochmals, dass wir den Weg zum nachhaltigen Industriegebiet mitgehen wollen. Wir sind weiterhin dabei, der Transformation unserer Industrie einen Raum zu bieten. Dazu gehört dann auch die Transformation der Energieversorgung. In ein nachhaltiges Industriegebiet werden Firmen kommen, die Strom aus erneuerbaren Quellen haben wollen. Diesen grünen Strom bringen sie aber nicht selbst mit. Wir müssen in Vorleistung gehen. Die mit dem Förderantrag Hy-FIVE angestrebte Erweiterung der Stromerzeugung um 15 MW mit Windrädern bis 2024 erscheint mehr als ambitioniert. Umso dringender ist es, jetzt entschlossen an die Projektierung zu gehen. Wir beantragen daher einen Bericht über den Stand der Planungen bzw. der Umsetzung.

Aber auch für den Strombedarf im Wohn- und Gewerbereich muss der Schweiß fließen! Soviel erneuerbare Energie wie möglich muss in Schwäbisch Gmünd selbst erzeugt und mittelfristig auch gespeichert werden. Wir unterstützen daher die zunehmenden Bemühungen der Stadtwerke um Solardächer auch auf Bestandsgebäuden. Die Installation von PV-Anlagen auf Freiflächen muss forciert, und in der historischen Innenstadt müssen denkmalverträgliche Kompromisse zugelassen werden. Aber auch die Einsparung muss immer auf der Agenda stehen. Daher beantragen wir die Vorlage eines Plans, damit bis spätestens 2030 die Beleuchtung von Straßen und Plätzen auf LED umgestellt ist.

Sie merken – ich bin ohne es bisher zu nennen beim großen Zukunftsthema Klimawandel angelangt. Das wird im weiteren auch die Hauptrolle spielen, wie im vergangenen Jahr und wie wohl auch noch lange in Zukunft. Denn nicht alles, aber fast alles hängt mit dem Klimawandel zusammen.

Das heißt aber noch nicht, dass alles was im Haushalt steht auch Klimarelevanz besitzt. Dabei geht es uns um die Relevanz, nicht um einen irgendwie herstellbaren Zusammenhang. Insofern freuen wir uns über die Darstellung der klimarelevanten Positionen im Haushalt, die Sie auf ca. 1/3 des Investitionshaushalts taxieren.

Taxation ist aber auch hier – wie bei der EU – Ansichtssache. So wie Atomkraft und Erdgas nicht nachhaltig sind, sind auch nicht alle aufgeführten Maßnahmen klimarelevant im Sinne eines Beitrags zur CO2-Reduzierung oder Anpassung an den Klimawandel. Welchen Klimabeitrag hat zum Beispiel die Neuinstallation von Sirenen? Wie hoch ist die CO2-Einsparung bei der Investition in das bereits wärmesanierte ehemalige GOA-Gebäude? Aber vor allem: Die Sanierung der Ortsdurchfahrten in Hussenhofen und Straßdorf erbringen keinen negativen CO2-Saldo, da anschließend ja nicht weniger Verkehr fließen wird. Allein die Belagssanierung führt schon zu einem größeren CO2-Fußabdruck.

Es geht uns hier nicht um die Frage, ob die Sanierungen erfolgen sollen, denn CO2 ist natürlich nicht alles. Auch die Lärmreduzierung, die Verringerung des Gefahrenpotenzials und anderes ist auf der Habenseite zu verbuchen. Aber nur weil man im Zuge der Sanierung zum Beispiel Fahrradsymbole aufzeichnet, ist die Investition von über 2 Mio in diese beiden Sanierungen noch keine klimarelevante Investition. Erst durch eine gleichzeitige Reduzierung des Tempolimits könnte es unserer Meinung nach dazu werden. Aber da sind ja manche hier im Gremium anderer Meinung, wenn sie die Energieersparnis durch Tempo 30 bezweifeln.

Wir bleiben also bei unserer Forderung auch für den vorgelegten Doppelhaushalt: Die Ausgaben der Stadt müssen klimarelevanter werden. Deshalb schlagen wir einen Klima-Check vor, der vor jede Investition zu schalten ist, z.B. mit einem Ampelsystem. Der Zusatzaufwand erscheint uns notwendig, damit die Stadt und der Gemeinderat eine objektive Entscheidungsgrundlage erhalten.

Was uns aber vor allem wichtig und für eine „Gut fürs Klima Stadt“ existenziell erscheint, ist, dass sie einen Plan hat. Bisher gibt es ja nur den Entwurf des Konzepts und immerhin seit einem Jahr auch Stellungnahmen der Fraktionen dazu. Ein weiteres Jahr ist verstrichen, ohne dass wir einen Beschluss gefasst haben. Erst recht nicht haben wir konkrete Maßnahmen diskutiert und beschlossen, ganz zu schweigen von den notwendigen Etappenzielen bis zum Jahr 2035, in dem wir klimaneutral sein wollen. Deshalb beantragen wir die Erstellung eines Umsetzungsplans durch ein externes Büro, der die Handlungsfelder und Maßnahmen mit konkreten, erreichbaren und kontrollierbaren zweijährigen Etappenzielen ausstattet. Dafür sollen im Doppelhaushalt 200.000 € vorgesehen werden. Wir beantragen darüber hinaus einen Sofortbericht darüber, wie weit die Einarbeitung der Fraktionsstellungnahmen und Beratungen gediehen ist.

Über die Ziele und Meilensteine hinaus müssen natürlich auch schon Maßnahmen angegangen werden. Wir begrüßen, dass die Mittel zur Sanierung des Hallenbades eingestellt sind. Wir erwarten noch in der ersten Jahreshälfte 2022 einen Bericht über die Kosten und das Sanierungskonzept. Wir erwarten dabei auch einen hohen Energieeffizienzstandard. Die nächste Sanierung steht nämlich hoffentlich erst in einem klimaneutralen Schwäbisch Gmünd an. Die Bäderbetriebe erhalten einen hohen Investitionskostenzuschuss zur Sanierung. Daher fordern wir, dass der BUA frühzeitig auch in die Energieplanung eingebunden wird.

Damit soll der Startschuss zur Erhöhung der Sanierungsquote gegeben werden. Unterstützt werden wir durch die in diesem Jahr erwartete kommunale Wärmeplanung. Wir beantragen dazu auch ein Resümee zum aktuellen Sanierungsstand der kommunalen Gebäude.

Auch in Schwäbisch Gmünd wird nach 2035 noch geheizt. (Hoffentlich nur in den Gebäuden und nicht auf den Straßen.) Dafür brauchen wir Konzepte für die Eigenerzeugung von Energie. Daher bitten wir im Zusammenhang mit der Vorstellung der kommunalen Wärmeplanung auch einen Bericht zur möglichen Eigenenergieerzeugung. Unsere Kläranlage generiert zum Beispiel täglich Klärgas, dessen Wärmeenergie immer noch zum Teil verpufft. Oder die Möglichkeit der Geothermie, der direkten Nutzung solarer Wärme usw.

Ein paar Worte zur Mobilität. (Es geht dabei nicht um mobile Bäume, denn das ist kein Mobilitätskonzept, sondern ein Mobiliarkonzept.)
Neben der Wärmeerzeugung ist der Verkehr die zweite riesengroße CO2-Schleuder, ebenfalls bisher vor allem aus fossilen Quellen. Im Ostalbkreis haben wir 2021 die Marke von 300.000 Kfz überschritten. Die allermeisten Fahrzeuge sind immer noch Verbrenner. Und ein großer Teil der Neufahrzeuge mit E-Antrieb sind hybride Schwergewichte, deren Anteil an der Verkehrswende bei Null liegt. Es ist natürlich nicht die Aufgabe der Stadtverwaltung, die Kaufentscheidung der Menschen zu bestimmen. Aber es ist ihre Aufgabe, in ihrer Zuständigkeit für Rahmenbedingungen zu sorgen, die eine Entscheidung für mehr nachhaltige Mobilität erleichtert. Dazu gehört ein attraktiver ÖPNV, ein intelligentes Lieferkonzept, Mobilitätslösungen für Ältere und Menschen mit Behinderungen, menschenwürdige Fußwege, wo heute noch das Auto diktiert, wie z.B. an der Konrad-Baum-Kreuzung. Und dazu gehört ein konsequenter Plan für den Radverkehr. Lange ist gefühlt nichts passiert. Möglicherweise tut sich nun etwas, ein in zartes Pflänzchen. Pläne vom City-Ring, von Fahrradstraßen werden konkreter. Der Doppelhaushalt enthält Mittel dafür. Die Umsetzung muss nun auch mit Hochdruck erfolgen. Schritt für Schritt, ohne weitere Verzögerungen. Wir werden Antreiber bleiben und darauf drängen, dass bis 2024 ein Netz von Alltagsradstrecken entstanden ist.

Im Haushaltsentwurf werden die Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen mit effizienten Antriebstechniken ebenfalls als klimarelevant markiert. Dann erwarten wir aber auch, dass immer die CO2-ärmste Variante der Ersatzbeschaffung gesucht wird. Auch im Bereich der Kommunalfahrzeuge gibt es schon Lösungen für strombetriebene Fahrzeuge und Maschinen, wie sie in den Kommunalzeitschriften vorgestellt werden. Wir beantragen daher bei jeder Ersatzbeschaffung die Beantwortung folgender Fragen: 1. Gibt es elektrisch betriebene oder andere Lösungen mit erneuerbaren Antrieben? 2. Was kosten diese im Vergleich zur konventionellen Technik in Anschaffung und Betrieb? 3. Wenn es noch keine Alternativlösung gibt, kann dann als eine konventionelle Variante als Zwischenlösung z.B. gemietet oder gebraucht erworben werden?

Oft wird Mobilität als störend empfunden, wenn sie direkt vor der Haustür stattfindet. Mit dem Lärmaktionsplan wurde nun endlich eine objektive Grundlage für die Entlastungsbedürftigkeit der Menschen mit besonders hoher Verkehrslärmbelastung eingebracht. Damit der Plan nicht nur eine Verkehrslärmkarte bleibt, sondern auch Aktionen in Gang setzt, beantragen wir den Einstieg in die Umsetzung noch in diesem Jahr. Dazu gehört eine Priorisierung der Maßnahmen, in die soziale Aspekte ebenso mit einfließen, wie die Berücksichtigung von Schwerlastverkehr. Wir müssen damit auch der Tatsache begegnen, dass die am wenigsten belasteten Quartiere meistens die mit den meisten Autos pro Person sind, und andersherum die größten Belastungen an den Straßen mit der geringsten Autodichte pro Haushalt. Hier gilt für uns das Fairnessgebot, das heißt den Faktor Mensch zu priorisieren.

Bei allen Maßnahmen für ein zukunftsfähiges Schwäbisch Gmünd sind wir überzeugt, dass der Zusammenhalt der Stadtgesellschaft nicht aus den Augen verloren werden darf. Die Bürger*innen wollen und müssen mitgenommen werden. Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger*innen sind deshalb unabdingbar. Unserer Meinung nach darf nicht der Wohnort oder das Quartier darüber entscheiden, wie verbindlich mit den Anliegen der Menschen umgegangen wird. Die Ungleichheit zwischen den Teilorten mit Ortschaftsräten und den Innenstadtquartieren mit Stadtteilforen ist doch offensichtlich. Das Votum eines Ortschaftsrates und das Wort eines Ortsvorstehers zählen in der Verwaltung und im Gemeinderat mehr als das eines Stadtteilforums oder einer Stadtteilkoordinatorin / eines Stadtteilkoordinators. Am Beispiel des Lärmaktionsplans wurde die Benachteiligung der am wenigsten privilegierten Quartiere offensichtlich. Wir brauchen Beteiligungsformate, die den sozialen Zusammenhalt in den Quartieren und der Stadtgesellschaft insgesamt stärken, aber auch die Mitverantwortung. Wir plädieren deshalb für eine Debatte und einen Beschluss über die beste Form der kommunalpolitischen Mitwirkung auch der Innenstadt noch in diesem Jahr im Gemeinderat dazu.

Die Explosion der Energiekosten bereitet nicht nur der Verwaltung und den Stadtwerken große Sorgen. Menschen mit geringen Einkommen brauchen Antworten und Unterstützung. Vor alle diejenigen, die knapp über der Schwelle der Unterstützung durch Sozialamt oder Jobcenter stehen. Die Bundesregierung hat bereits ein erstes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Welche Angebote kann die Stadt darüber hinaus machen? Dazu wäre für uns interessant zu wissen, wieviel Mehrwertsteuer aus den gestiegenen Energiepreisen als Zuweisung bei der Stadtkasse ankommt. Wir bitten Sie im nächsten Haushaltsausschuss darzulegen, ob, wann und in welcher Höhe mit Mehreinnahmen zu rechnen ist.

Lassen Sie mich am Ende unserer Stellungnahme nochmals auf das beherrschende Thema der vergangenen beiden Jahre zurückkommen: Die Politik und die gesellschaftlichen und menschlichen Brüche in Coronazeiten. Sie, Herr Oberbürgermeister stellten eine (Zitat) „planlose, oberlehrerhafte Pandemiebürokratie“ auf der einen Seite den „Diktatur- und Widerstandsschwurbeleien“ als vermeintliche Pole gegenüber. Damit haben Sie das – zugegeben – sehr vorsichtige, aber verantwortungsgesteuerte Handeln der demokratisch gewählten Regierungen dem Gift der Demokratiezersetzung gleichgesetzt und beides gleichermaßen abgetan. Das ist nicht die Tonart, die Respekt gegenüber unserer Demokratie ausdrückt.

Wir respektieren und unterstützen, dass Sie sich um das Leid der Menschen in den Pflegeheimen, die Überlastung der Menschen in Medizin und Pflege, das zunehmende Auseinanderdriften der Gesellschaft sorgen. Aber eine Brandmauer sollten Sie in dieser Zeit nur nach der Seite der rechten Rattenfänger aufbauen. Das wäre der Klartext, den wir uns zu dem Thema gewünscht hätten.

Die kommenden beiden Jahre, die der Doppelhaushalt umfasst, sind Jahre der Weichenstellung. Schwäbisch Gmünd muss zukunftssicher aufgestellt werden. Das bedeutet, dass wir die Transformation der Wirtschaft konkret angehen müssen, dass wir die Transformation der Mobilität konsequenter vorantreiben müssen, dass wir die Energiewende einleiten und dass wir den Zusammenhalt stärken müssen. Wir bekommen nicht mehr viele Chancen. Lassen Sie uns das mutig angehen.

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