Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Anwesende!
Die Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird auch dieses Jahr nur wenige Schwerpunkte haben. Ich werde einige Anmerkungen machen zu der sehr ausführlichen Rede des Oberbürgermeisters vor vier Wochen und mich dabei vor allem mit den Themen Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr sowie Wirtschaftsstandort Schwäbisch Gmünd beschäftigen. Beim Bereich Kindertagesbetreuung will ich ein paar Gedanken zur Diskussion über die von der Landes-SPD angestrebte Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten beisteuern. Anschließend werde ich mich nochmal dem für meine Fraktion wie für mich persönlich zentralen Thema Klimaschutz widmen, das schon vorher fast überall mitschwingen wird.
Am Ende noch ein paar Sätze zu Bürgerbeteiligung, Bockigkeit und Begeisterung.
Finanzentwicklung / Haushaltsplanung / NKHR
Zunächst aber auch von meiner Fraktion Dank und Respekt allen, die an der Erstellung des letzten Haushaltsplanentwurfs nach „altem“ kommunalem Haushaltsrecht mitgewirkt haben, Ihnen, Herr Bantel, für die verständliche Zusammenfassung und Präsentation des rund 800 Seiten umfassenden Werks und für den Ausblick auf die Änderungen, die mit dem Neuen Kommunalen Haushaltsrecht auf die Verwaltung und den nächsten Gemeinderat zukommen. Wobei dieses NKHR ja bereits vor zehn Jahren unter MP Oettinger in Kraft getreten ist und ursprünglich spätestens zum Haushaltsjahr 2016 hätte zur Anwendung kommen müssen. Wir nutzen hier die 2013 vom Landtag beschlossene Fristverlängerung bis zum geht-nicht-mehr, der letztmöglichen Einführung im nächsten Jahr. Warum eigentlich? Der Landkreis arbeitet bereits seit 2012 damit, und ich habe nicht den Eindruck, dass er damit große Probleme gehabt hätte oder hat.
Warum wir Grünen uns die Anwendung des NKHR schon früher gewünscht hätten, haben Sie, Herr Bantel, in Ihrer Rede kurz und prägnant angesprochen: „Ziel (des NKHR) ist die Generationengerechtigkeit: Jede Generation soll das wieder erwirtschaften, was sie verbraucht.“ Zwangsläufig jetzt also der aus unserer Sicht längst überfällige Paradigmenwechsel von der reinen Liquiditätsbetrachtung zur Ressourcenverbrauchsbetrachtung. Wobei es hier „nur“ um die finanziellen Ressourcen geht.
Dass es schwer genug wird, zum einen künftig Abschreibungen in voller Höhe zu erwirtschaften, zum anderen unser Schuldenabbaukonzept durchzuziehen und, zum dritten, notwendige Investitionen solide zu finanzieren, das wissen wir alle. Aber dieser Aufgabe werden wir uns jetzt -endlich!- stellen müssen. Und ja, Herr Bantel: Gemeinderat wie Verwaltung werden den Mut haben müssen zu sagen was geht und was nicht oder noch nicht geht.
Es spricht einiges für Ihren Vorschlag, für die Jahre 2022/2023 erstmals einen Doppelhaushalt aufzustellen. Wir gehen allerdings davon aus, dass sich der Gemeinderat auch dann nicht nur alle zwei Jahre die Zeit zur Klärung seiner grundsätzlichen Positionen nehmen wird. Wir halten es für unabdingbar, dass die Verwaltung und wir Gemeinderatsfraktionen ihre Standpunkte im Lichte der Entwicklungen weiterhin jährlich überprüfen und miteinander austauschen.
Vielen Dank natürlich Ihnen, Herr Oberbürgermeister, für Ihre sehr ausführlichen Überlegungen zum Haushaltsjahr 2019 und darüber hinaus. Auf einiges von Ihnen Gesagte und das eine oder andere Ungesagte will ich gerne eingehen.
Wie geht’s weiter?
Die in Bezug auf den Haushalt meistgehörte Frage ist die, wie das denn mit unseren Schulden weitergehe? Wahr ist, Herr Oberbürgermeister, dass, wenn die Planzahlen 2019 so eintreffen, die Verschuldung im Kernhaushalt innerhalb fünf Jahren um 21,5 Mio. € auf knapp 80 Mio. € abgebaut sein wird, auf weniger als ursprünglich geplant. Zur Wahrheit gehört aber weiterhin auch, dass wir dann im selben Zeitraum 28,5 Mio. € aus der Allgemeinen Rücklage entnommen haben und -laut mittelfristiger Finanzplanung- 2020/2021 weitere 8 Mio. € entnehmen werden. Bereits in den Haushaltsreden der letzten zwei Jahre hat mein Kollege Gabriel Baum mit Recht darauf hingewiesen, dass wir dabei sind, die Allgemeine Rücklage peu à peu für den „normalen“ Haushalt zu vervespern. Mit dem Doppelhaushalt 2022/2023 werden wir bei der gesetzlichen Mindestrücklage ankommen, fortan also quasi von der Hand in den Mund leben – und dann? Heilsbringer ÖPP, zweiter Versuch? Oder doch, zähneknirschend aber wohl unausweichlich: große Projekte ade, bis später?
Leider wurde ja bisher die unangenehme Wahrheit ignoriert, dass wir -nach derzeitiger Perspektive- ab 2022 unseren Haushalt nur noch mit neuen Schulden ausfinanziert bekommen. Herr Bantel hat in seiner Rede darauf aufmerksam gemacht. Ein schlichtes „Kredite dürfen aber nicht sein“ wird da nicht reichen. Der nächste Gemeinderat wird sich der kniffligen Aufgabe stellen müssen, wirksam, aber auch schnell auf die finanzielle Entwicklung zu reagieren. Vermutlich auch mit Entscheidungen, die an der einen oder anderen Stelle wehtun werden.
Zur Klarstellung: Die hohen Investitionen in Stadterneuerung und Stadtentwicklung waren, das sehen auch wir so, wenn nicht notwendig, so doch sinnvoll, um die Stadt nach innen und nach außen zu entwickeln und zu öffnen. Auch wenn der Einen oder dem Anderen -wie mir- manches überzogen erschien oder -siehe Zeiselberg-Gastronomie- erscheint: Da wurde Vieles richtig gemacht. Die Chancen, die uns Landesgartenschau und Remstalgartenschau eröffnet haben, wurden und werden konsequent genutzt, trotz knapper Kassen. Irgendwann ist es dann aber an der Zeit, innezuhalten und zu reflektieren. Wir meinen, die Zeit ist jetzt. Und da will ich noch einmal an die Worte von Herrn Bantel bei seinem Blick auf NKHR und Haushaltsaufstellung 2020 erinnern: „Wir müssen sagen was geht und was nicht.“ Und: „Wir müssen die Ende 2019 noch nicht umgesetzten Maßnahmen sowie die für 2020 neu geplanten Maßnahmen nochmals neu hinterfragen, bewerten und in eine Prioritätenliste stellen.“ Für die Arbeit des neuen Gemeinderats wäre es sicher hilfreich, eine entsprechende Aufstellung so früh wie möglich zu bekommen, also sobald absehbar ist, was nicht mehr umgesetzt werden kann und was wir für 2020 in der Pipeline haben.
Wohnen und Stadtentwicklung
Mit Stadtjubiläum, Staufersaga und den „emotionalen Ereignissen“ Landes- und jetzt Remstalgartenschau wurden nicht nur Wir-Gefühl und Mitmachbereitschaft der Gmünder auf ein ganz neues Niveau gehoben; unser Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben. Die Stadt ist auch für Gäste wie Ansiedlungswillige aus dem In- und Ausland noch attraktiver geworden. Mit Folgen. Auch wenn wir weit entfernt sind von dem vor ein paar Jahren vollmundig ausgegebenen Ziel „10.000 neue Einwohner in 10 Jahren“: Selbst ohne übergroßen Zuzug wird es auch hier für immer mehr Menschen immer schwieriger, passenden Wohnraum zu angemessenen, leistbaren Preisen zu finden. Aber das Interesse der überregionalen Bauträger, die seit einer Weile auch in Gmünd tätig sind, gilt sicher nicht vorrangig dem Bau von preisgünstigem Mietwohnraum. Da geht es eher darum, die Nachfrage zahlungskräftiger Geldanleger zu befriedigen.
Auch für uns Grüne ist der deutlich gestiegene Wohnungsbedarf und die Notwendigkeit auch von Wohnungsneubau unstrittig. Die Frage ist für uns nicht, ob, die Frage ist, wo und wie Wohnentwicklung stattfinden soll.
In Ihrer Rede, Herr Oberbürgermeister, zählen Sie eine beeindruckende Zahl von geplanten Maßnahmen auf; über einige davon werden wir uns hier noch austauschen, gelegentlich sicher auch kontrovers. Was wir sehr hoffen ist, dass die für Ihre Aufzählung gewählte Reihenfolge kein Hinweis auf die Prioritäten der Verwaltung ist. Sonst wäre die lange anerkannte Prämisse „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ glatt in ihr Gegenteil verkehrt. Und unsere Teilorte zerfließen weiter mit ihren Neubaugebieten an den Ortsrändern; die Wege zum Nahversorger, zum Kindergarten, zum Geldautomaten und anderen Infrastruktureinrichtungen, auch zur Bushaltestelle, werden länger, und am Ende wird das Auto zur schieren Notwendigkeit hochstilisiert, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Trotzdem werden wir auch solche Baugebiete weiterhin akzeptieren müssen, das wissen wir.
Was uns aber wichtig ist: Notwendige Baugebiete sollen künftig, wo immer dies rechtlich und strukturell möglich ist, klimaneutral ausgewiesen werden. Dass und wie das geht, lässt sich vielleicht im Rahmen eines Besuchs des Waiblinger Teils der Remstalgartenschau erfahren. Wir regen an, für interessierte Stadträtinnen und Stadträte ein Informationstreffen mit dem dortigen Umweltbeauftragten zu organisieren. Vorab sei den Kolleginnen und Kollegen, die anspruchsvolle Effizienzstandards für die Preistreiber beim Bauen halten, ein Gutachten des Dresdner Instituts für technische Gebäudeausrüstung vom letzten Februar empfohlen (www.lee-nrw.de/wp-content/uploads/2015/10/Energieeffizienz-und-Kosten-im-Wohnungsbau-2018-02-26.pdf).
Aber Achtung: Die Lektüre könnte Ihre Vorurteile ins Wanken bringen.
Unserem Flächenmanager Marco Ulrich wünschen wir für seine herausfordernde Tätigkeit viel Erfolg, speziell was Nachverdichtung und Aktivierung von Leerständen und Baulücken betrifft. Und wir wünschen ihm die nötige Unterstützung durch Verwaltung, Gemeinderat und Ortschaftsräte.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass wir zum Haushalt 2017 nicht nur zum wiederholten Mal die Stelle eines Flächenmanagers beantragt haben, sondern auch eine Initiative der Stadtverwaltung für ein Projekt mit dem Ziel, Wege für ein interkommunales Flächenmanagement zu finden. Da bitten wir um einen Bericht oder wenigstens mal um einen Zwischenbericht in einer der nächsten Sitzungen des Gemeinderats oder des BUA.
Ausdrücklich begrüßen wollen wir das Bemühen um die Schaffung neuer Wohnformen; mit der Frage nach den zehn Wohnhöfen, die wir uns vor ein paar Jahren vorgenommen hatten, wollen wir Sie heute nicht quälen. Wir freuen uns über den weiteren Ausbau des Ökoflächenkatasters, vor allem darüber, wenn dies, wie angekündigt, in enger und hoffentlich guter Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft erfolgt.
Was die Baulückenproblematik angeht: Wir möchten bei nächster Gelegenheit die sogenannte Alteigentümerregelung auf den Prüfstand stellen. Es ist zu befürchten, dass wir aktuell wieder dabei sind, eine ganze Menge künftiger Baulücken in Kauf zu nehmen bzw. sie schon in Kauf genommen haben. Muss es denn auf Dauer sein, Alteigentümern in Neubaugebieten Plätze mit Baurecht, aber ohne Bauverpflichtung, wie sie für alle anderen Käufer gilt, zu Vorzugskonditionen zu reservieren? Wenn im Ergebnis dann ein Viertel der Plätze oder mehr in einem Baugebiet nicht wirklich Bauwilligen zur Verfügung stehen, ist das unseres Erachtens kaum noch zu rechtfertigen.
Die Weiterentwicklung des Wohnraumförderprogramms –„Jung kauft Alt“, Förderung von Plusenergiehäusern- und die Auslobung eines Energie- und Umweltpreises begrüßen wir ausdrücklich. Erfreulich auch das Engagement unserer Vereinigten Gmünder Wohnungsbaugesellschaft VGW und anderer wie dem Bauverein zur Erhaltung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Der Gmünder Mietspiegel würde ohne deren zahlreiche Wohnungen im mittleren und unteren Preissegment ein sehr viel unfreundlicheres Gesicht zeigen. Wir sind zuversichtlich, dass zumindest die VGW da in nächster Zeit noch zulegen kann und wird.
Ergänzend schlagen wir für die in nächster Zeit anstehenden Baugebiete Regelungen vor, wie sie der Freiburger Gemeinderat für das in einem Bürgerentscheid am vergangenen Sonntag beschlossene, 110 Hektar große Siedlungsgebiet Dietenbach vorgegeben hat. Die sehr anspruchsvolle Vorgabe des dortigen Gemeinderats lautet, fünfzig Prozent der Wohnungen müssen Sozialwohnungen werden.
Ein paar Sätze zur Ortsentwicklung am Beispiel Großdeinbach
Was mich persönlich und den Deinbacher Ortschaftsrat -vorsichtig ausgedrückt- ziemlich befremdet hat ist Ihre Aussage, Herr Oberbürgermeister, die Stadt sei dabei, „in den Ortsteilen entsprechende Ortsentwicklungspläne zu erarbeiten und entsprechendes Flächenpotential zu aktivieren.“ Warum hat uns das befremdet? Weil hier Wunsch und Wirklichkeit offenbar ziemlich auseinander liegen.
Zur Erläuterung: Bei den HH-Anmeldungen des Ortschaftsrats stand zum wiederholten Mal „Erstellung eines Ortsentwicklungskonzepts“ an erster Stelle. Das Stadtplanungs- und Baurechtsamt, das auch laut Agenda 2020 dafür zuständig wäre, könne dies aus personellen Gründen nicht leisten, hat der Ortsvorsteher im Dezember aus einem Gespräch mit Herrn Bürgermeister Mihm berichtet. Das ist nachvollziehbar. Für nicht nachvollziehbar hält der Ortschaftsrat und halten auch wir allerdings den Vorschlag, stattdessen punktuell Quartiere und Projekte auszusuchen, die dann überplant und entwickelt werden sollen. Genau diese Zerstückelung in Einzelbetrachtungen wollen wir doch vermeiden mit einem Ortsentwicklungskonzept, das den Stadtteil als Ganzes betrachtet. Wenn die Verwaltung den bereits verfestigten Eindruck korrigieren will, ihr ginge es in Wirklichkeit doch nur um die Aktivierung von Flächenpotential, muss sie hier dringend liefern! Anregungen und Vorschläge für ein moderiertes, strukturiertes Verfahren hat der Ortschaftsrat in seiner Januarsitzung erarbeitet. Der konnte dann in der letzten Woche erfahren, dass sich jüngst ein Student im Rahmen eines Praktikums beim Stadtplanungsamt ein paar Wochen lang mit Großdeinbach beschäftigt habe. Im Ortschaftsrat darüber berichten oder sich gar mit ihm austauschen durfte er nicht.
Was soll das?
Zur Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Schwäbisch Gmünd
Sehr zufrieden sein können wir mit dem starken Interesse an Gmünd als Wirtschaftsstandort. Alexander Groll, Gerhard Hackner und dem Team um die beiden herum gelingt es immer wieder, größere und kleinere, aufstrebende Betriebe hierher zu holen. Danke dafür.
Je breiter wir aufgestellt sind, desto weniger verwundbar werden wir, wenn die eine oder andere Branche schwächelt. Wir würden uns wünschen, dass aus der HfG bzw. aus der Kooperation von HfG und Aalener Hochschule für Technik und Wirtschaft sich auch hier bei uns noch deutlich mehr Gründergeist niederschlägt. Das in:it co-working lab hat sich ja offenbar gut angelassen, aber es hat auch noch reichlich Luft nach oben für hoffentlich zahl- und erfolgreiche Start-ups.
Sie haben auch die Kehrseite des ungebrochenen Interesses an Gewerbeflächen angesprochen, Herr Oberbürgermeister: Die Nachfrage ist inzwischen größer als die noch vorhandenen Flächen. Was dem Anschein nach auch damit zu tun hat, dass Produktionshallen immer größer werden.
Wir stimmen Ihnen natürlich zu, dass der Fortschreibung des Flächennutzungsplans auch im Bereich Gewerbeflächen eine wichtige Funktion zukommt. Wobei wir sehr darauf achten werden, den FNP vom Klima her zu entwickeln. Für uns ist jedenfalls nicht hinnehmbar, dass die erste neue Gewerbefläche, die nach der Präsentation des ersten Teils der Stadtklimaanalyse im Dezember von der Verwaltung vorgeschlagen wird, in einer wichtigen Kaltluftleitbahn Richtung Ost- und Innenstadt entstehen soll. Und wenn ich das bei der Gelegenheit anmerken darf: Wenn knapp über sechzig Prozent der Siedlungsfläche im Kaltlufteinwirkbereich liegen, wie in der Vorlage zur Stadtklimaanalyse beruhigend hervorgehoben wird, heißt das freilich auch, dass fast vierzig Prozent nicht dort liegen. Sollten wir uns dann nicht vorrangig mit den vierzig Prozent beschäftigen uns um Anpassungsmaßnahmen bemühen?
Was uns überhaupt nicht schmeckt, ist die weiterhin nicht erkennbare Bereitschaft der Verwaltung, von ihr selbst beantragte Vorgaben in Bebauungsplänen auch konsequent umzusetzen. Ohne die in den Bebauungsplänen festgelegten ökologischen Ausgleichsmaßnahmen wie Pflanzgebote oder Pflicht zur Dachbegrünung wären die doch überhaupt nicht genehmigungsfähig. Wie also will die Verwaltung die bewusste Duldung von fortdauernden Rechtsverstößen rechtfertigen, z. B. Auf der Höhe in Straßdorf? Meine Fraktion verliert so langsam den Glauben daran, dass die Verwaltung vom Gemeinderat beschlossene Auflagen in Bebauungsplänen tatsächlich ernst nimmt und durchsetzen will.
Kindertagesbetreuung
Herr Oberbürgermeister, Sie haben die große Herausforderung beschrieben, die die weiterhin unerwartet starke Nachfrage nach Betreuungsplätzen sowohl im U3- wie im Ü3-Bereich darstellt. Wir wollen uns über die Nachfrage nicht beklagen. Wir freuen uns über neue Einwohner und tragen gern dazu bei, dass sie schnell zu Gmündern werden können.
(Kleiner Einschub: wann gedenkt die Verwaltung eigentlich, unseren Antrag zum Haushalt 2017 auf umfassende Darstellung der Kosten des Einwohnerwachstums zu beantworten?)
Wir alle wollen, dass Gmünd eine junge Stadt bleibt. Also müssen wir zusehen, dass unser erstklassiges Betreuungsangebot mit der steigenden Nachfrage qualitativ und quantitativ Schritt halten kann.
Aber wie gehen die notwendigen, hohen Investitionen in Neu-, An- und Ausbauten und fällige Sanierungen, die Kosten für zusätzliche Fachkräfte und Ausbildungsplätze und für die Qualitätsentwicklung zusammen mit der von der Landes-SPD angestoßenen Kampagne für
Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten?
Wir Grünen meinen: Beste Bildung braucht Qualität und Gerechtigkeit. Deshalb unterstützen wir weiterhin die von der Fraktion der Linken seit Jahren geforderte stärkere Sozialstaffelung der Gebühren. Eine Mustersatzung, die neben der Gebührenermäßigung nach Kinderzahl auch eine Staffelung nach Einkommen vorsieht, soll nach unseren Informationen demnächst zwischen Land und Kommunalen Spitzenverbänden verhandelt werden.
Wie vielen Eltern geht uns Grünen Qualität vor Gebührenfreiheit. Jeder Euro, der durch völlige Gebührenfreiheit nicht eingenommen wird, fehlt letzten Endes beim Qualitätsausbau und der Qualitätssicherung, bei der Sprachförderung oder bei der Personalausstattung.
Auch halten wir Gebührenfreiheit für alle nicht für gerecht, solange nicht jedem Kind ein Kita-Platz zur Verfügung steht. Realistischerweise ist davon auszugehen, dass wegfallende Kita-Gebühren nicht, schon gar nicht in vollem Umfang, anderweitig erstattet werden. Deshalb müssen chronisch klamme Kommunen wie Gmünd befürchten, dass sich generelle Gebührenfreiheit über kurz oder lang auch negativ auf Aus- und Fortbildungsleistungen, aber auch auf die Entlastung der Kita-Leitungen zugunsten organisatorischer oder pädagogischer Aufgaben auswirken wird.
Verkehrswende muss kommen
Zum Thema Wohnen/Stadtentwicklung/Wirtschaftsstandort gehört zwingend auch die Frage der Mobilität und der Mobilitätsentwicklung. Da sehen wir mit Genugtuung, welch hohen Stellenwert diese Frage mittlerweile bei der Verwaltung einnimmt. Und wie kompetent und motiviert unsere Mobilitätsmanagerin Carmen Hölsch ihre Aufgaben angeht. Der AK Mobilität und Verkehr wird sich freuen, dass da pünktlich zu seinem 20. Geburtstag jemand gekommen ist, der bzw. die Mobilität ganzheitlich in den Blick nimmt, die die unterschiedlichen Verkehrsträger zusammen denkt. Auch Frau Hölsch wünschen wir viel Rückendeckung und Unterstützung aus Verwaltung und Politik. Bei den dicken Brettern, die da in den nächsten Jahren zu bohren sind, wird sie’s brauchen.
Nicht nur, weil wir in keinem anderen Bereich weiter von unseren Klimaschutzzielen entfernt sind: Die Verkehrswende muss kommen. In ihrem Antrag vom 28. Januar d. J. hat meine Fraktion darauf hingewiesen, dass im Verkehrssektor die Treibhausgasemissionen in den letzten Jahren nicht nur nicht gesunken, sondern –im Gegenteil– weiter gestiegen sind. Darüber hinaus erleben wir Tag für Tag, dass unsere heutige Mobilität längst auch an ihre räumlichen Grenzen gestoßen ist. Muss uns das wundern bei 289.582 zugelassenen Fahrzeugen –davon 201.609 PKW- allein im Ostalbkreis, bei einer Kraftfahrzeugdichte von 926 Kfz pro 1.000 Einwohner, Stand 01.01.2019, Tendenz weiterhin steigend? Straßen- und Parkraum lassen sich in Siedlungsgebieten -und nicht nur da- halt nicht beliebig vermehren, schon gar nicht in unserem schönen Gmünd im engsten Abschnitt des Remstals (danke, Herr Mihm, dass Sie dieser Tage daran erinnert haben!).
Auch deshalb muss sich die Stadt hier gemeinsam mit anderen Akteuren wie dem Landkreis ehrgeizige Ziele setzen:
Bis 2030 Verdopplung des ÖPNV,
bis 2030 ein Drittel weniger Kraftfahrzeugverkehr in der Stadt,
bis 2030 fünfzig Prozent Rad- und Fußverkehrsanteil, d. h. jeder zweite Weg zu Fuß oder mit dem Rad!
Für das Ziel, bis 2030 jedes dritte Auto in der Stadt klimaneutral zu bekommen, haben wir ja bereits einige Vorleistungen erbracht. Nicht nur das Netz an Ladestationen für E-Autos kann sich sehen lassen. Ich erinnere an das erfolgreich abgeschlossene Projekt eMiS oder an den jüngsten Beschluss, für den städtischen Fuhrpark fünf Elektrofahrzeuge zu beschaffen. Auch mit den Gmünder Bike- und Carsharing-Angeboten müssen wir uns nicht verstecken.
Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind getan, auch mit dem neuen Parkkonzept. Und wenn nicht die aktuellen Planungen für die Glockekreuzung dagegensprechen würden, wären wir sogar zuversichtlich, dass das zähe Ringen um ein alltagstaugliches Radwegenetz letzten Endes zu durchgängigen Lösungen führen könnte. Lösungen, bei der Radfahrer nicht für ihre umwelt- und klimafreundliche Art der Fortbewegung mit sinnlosen wie vermeidbaren Umwegen bestraft werden.
Nebenbei: Wir beantragen einen Bericht über die Auswirkungen der Maßnahmen des Luftreinhalteplans, nicht nur über die, wie wir gehört haben, erfreulicherweise offenbar rückläufige Entwicklung bei den Stickoxiden, sondern auch über die bei den Feinstaubwerten und, soweit untersucht, beim Kohlenstoffdioxid.
Wir bitten, diesen Bericht zu verbinden mit einer Unterrichtung über den aktuellen Stand der Lärmaktionsplanung. Da muss jetzt auch mal ein Knopf dran.
Klima und Umwelt
Jetzt bin ich endgültig bei dem Megathema, das nicht nur mich umtreibt wie kein anderes. Dass die Initiative „FridaysForFuture“ auch im Ostalbkreis angekommen ist hat mich gefreut. Ich fühle mich da ein bisschen erinnert an die Entstehung meiner Grünen Partei als Folge der Ignoranz der damals etablierten Parteien gegenüber dem rücksichtslosen Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen. Der hellsichtige Mahner Herbert Gruhl („Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik“) konnte Mitte, Ende der siebziger Jahre mit fundierten Analysen und Mahnungen in seiner CDU-Bundestagsfraktion keinen Blumentopf gewinnen, hat sie verlassen und wurde zu einer zentralen Figur der Umweltbewegung, aus der wir Grünen zum Großteil hervorgegangen sind.
Heute muss eine schüchterne, sechzehnjährige Schwedin namens Greta Thunberg mit „FridaysForFuture“ eine internationale Jugendbewegung anstoßen, um „die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts“, so die einstige Klimakanzlerin Angela Merkel 2007, endlich wieder in den Fokus der Politik und einer breiten Öffentlichkeit zu rücken. Um uns Älteren, der Eltern- und Großelterngeneration ins Bewusstsein zu rufen, nein: zu schreien, dass wir drauf und dran sind, die Zukunftschancen unserer Kinder und Enkel zu versauen.
Jetzt ist die Auseinandersetzung mit Energie- und Klimaschutzfragen für den Gemeinderat ja nicht neu. Wir beschäftigen uns seit zehn Jahren -des Öfteren angeschoben von der grünen Fraktion- immer wieder damit und haben gute Konzepte auf den Weg gebracht. Unser bereits genannter Antrag zielt deshalb u. a. darauf ab, die 2011 und 2013 beschlossenen und 2016 bestätigten Ziele und Maßnahmen zu verifizieren und ggf. neu auszurichten.
Helfen kann dabei sicher auch der Blick von außen. Wie wir dem Anfang des Monats im Kreistagsausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung vorgestellten Jahresbericht 2018 des Energiekompetenzzentrums Ostalb (EKO) entnehmen, ist im August letzten Jahres der erste „Statusbericht kommunaler Klimaschutz Baden-Württemberg“ mit einem Überblick zu den kommunalen Klimaschutzaktivitäten im Land erschienen. Das EKO habe ein damit verbundenes Angebot der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) aufgegriffen und für alle Kommunen des Ostalbkreises einen eigenen Klimaschutz-Steckbrief erstellen lassen, der allen Oberbürgermeistern und Bürgermeister/innen zugesandt worden sei. Wir denken, Herr Oberbürgermeister, dieser Klimaschutz-Steckbrief könnte eine gute erste Grundlage für die anstehenden Diskussionen sein und darf der Öffentlichkeit und dem Gemeinderat nicht vorenthalten werden. Und auch für unseren seit 1. Februar tätigen, neuen Klimaschutzmanager Robin Hecker wäre er sicher eine brauchbare Einstiegshilfe für die Herkulesaufgabe, der er sich da gestellt hat. Ich gehe davon aus, dass wenigstens er ihn inzwischen bekommen hat.
Wie Carmen Hölsch und Marco Ulrich wird auch Robin Hecker sehr viel Rückendeckung und Unterstützung brauchen. Auf uns können alle drei zählen.
Wir freuen uns, Herr Oberbürgermeister, dass sie mit der Aktion „Schwäbisch Gmünd soll Plastiktüten-frei werden“ die Initiative des BUND zum „Plastikfasten“ aufgegriffen haben und wünschen ihr guten, raschen Erfolg und möglichst viele Mitmacher und Nachahmer. Schön, dass Mutlangen und Waldstetten schon dabei sind. Was Sie da genau miteinander vorhaben, werden Sie sicher bei der Vorstellung der Aktion noch genauer erklären.
Bürgerbeteiligung, Bockigkeit, Begeisterung
Ihr Bekenntnis zur Bürgerbeteiligung hatte für uns leider einen etwas schalen Beigeschmack, der sich nach der Lektüre der Berichte über ein Pressegespräch vor Ihrer Rede hier noch verstärkt hat. Wo hört Bürgerbeteiligung auf, wo fängt Verhinderungsbeteiligung an? Schon beim Neujahrsempfang ist uns sauer aufgestoßen, wie Waldschützer (gemeint waren offenkundig Naturschutzorganisationen wie der gerade erwähnte BUND) und engagierte Radverkehrsbefürworter in einem Atemzug genannt wurden mit Egoisten und Profitoptimierern. Und wo soll es hinführen, wenn Mitbürger, die Interessen -ja, auch ihre Individualinteressen- vertreten, die in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat ihre Rechte wahrnehmen, sich in öffentlicher Sitzung des Gemeinderats dafür an den Pranger stellen lassen müssen?
Selbst wenn es manchmal schwerfallen mag: Wir bitten dringend darum, sich mit Anregungen, Argumenten, auch mit Bedenken und Widersprüchen ernsthaft und sachlich auseinander zu setzen und nicht mit der Herabwürdigung der dahinterstehenden Menschen von den Inhalten abzulenken.
Diese Bitte richtet sich im Übrigen -dass das auch klar ist- an beide Seiten.
Ihre kryptische Äußerung in dem zitierten Pressegespräch, der Gemeinderat sei „auch mal kritisch oder auch bockig ganz persönlich mir gegenüber“, hat uns gefallen, auch wenn wir, ehrlich gesagt, nicht verstanden haben, wer oder was damit gemeint war. Wir haben das jedenfalls als Teil des Kompliments verstanden, in das es eingebunden war und das wir gerne zurückgeben. Auch die Verwaltung zeigt sich ja, bei aller bürgerschaftlichen Kompetenz, ab und zu mal bockig, z. B., wenn sie mit der Zielrichtung der einen oder anderen Anfrage oder des einen oder anderen Antrags Probleme hat. Da kann dann die Bearbeitung auch mal länger dauern; Sie erinnern sich.
Und wenn sich der Gemeinderat mal wieder bockig stellt: Ihr Tübinger OB-Kollege, unser grüner Querdenker Boris Palmer, hat einmal auf die Frage nach dem Unterschied zwischen ihm und seinem unvergessenen Vater, Remstalrebell Helmut Palmer, gesagt, „Wissen Sie, mein Vater wollte immer mit dem Kopf durch die Wand. Ich guck erst mal, ob ich nicht irgendwo eine Tür find.“
Das neue Gmünder Selbstbewusstsein, die neue Gmünder Strahlkraft nach innen und außen verdankt die Stadt nicht zuletzt, Herr Oberbürgermeister, Ihrer herausragenden Fähigkeit, Menschen an die Hand zu nehmen, zum Mitmachen zu bewegen, zu begeistern. Andere begeistern kann bekanntlich nur, wer auch selbst begeistert und überzeugt ist. Wie können wir Sie überzeugen und begeistern,
offen zu sein für die Herausforderungen, die durch den bereits jetzt irreversiblen Klimawandel auch in Schwäbisch Gmünd angekommen sind,
mutig die anerkannten, nachhaltigen Entwicklungsziele „Klimaschutz und Anpassung“ zu verfolgen und notwendige Veränderungen beherzt anzugehen,
verantwortungsvoll unsere Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen anzuerkennen und wahrzunehmen?
Wir können Sie einfach nur bitten, Herr Arnold, sich mit Ihrer Begeisterungsfähigkeit auch für die notwendigen Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen einzusetzen und Ihre vielen Anhänger zum Mitmachen zu animieren: Klimaschutz ist cool. Unsere Kinder und Enkel werden es Ihnen danken.
Ich schließe mit einem Zitat von Frank Bainimarama, Premierminister der Fidschi-Inseln, auf dem Kattowitzer Weltklimagipfel im vergangenen Dezember:
„Gott möge uns vergeben, wenn wir die unwiderlegbaren Beweise ignorieren und die Generation sein werden, die die Menschheit verraten hat.“
Vielen Dank!
Schwäbisch Gmünd, 27. Februar 2019
Elmar Hägele
Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen der Haushaltsplanberatung 2019
1. Zur frühzeitigen Vorbereitung des Gemeinderats auf die Haushaltsplanung 2020 erstellt die Verwaltung bis zum Ende der Sommerpause eine Übersicht über die absehbar bis zum Jahresende nicht umgesetzten sowie über die für 2020 geplanten Maßnahmen.
2. Neubaugebiete werden künftig klimaneutral geplant und ausgewiesen, wo immer dies rechtlich möglich ist.
3. Zur Information über die Planung und Ausweisung klimaneutraler Baugebiete wird für den Gemeinderat und interessierte Bürger ein Informationsbesuch in Waiblingen organisiert.
4. Bei der Planung von Neubaugebieten wird künftig ein Mindestanteil an sozialem Wohnraum vorgegeben, der nicht unter zwanzig Prozent liegen darf.
5. Die sogenannte Alteigentümerregelung wird überprüft und modifiziert mit dem Ziel, in die Kaufverträge grundsätzlich Bauverpflichtungen mit Fristsetzung aufzunehmen.
6. Die Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat der VGW werden aufgefordert, sich dort für eine weitere Fokussierung der Bautätigkeit auf die Erstellung bezahlbarer Mietwohnungen einzusetzen.
7. Die Verwaltung verpflichtet sich, auf Antrag der Ortschaftsräte Ortsentwicklungskonzepte zeitnah in Kooperation mit den Ortschaften zu erstellen.
8. Die Verwaltung berichtet dem Gemeinderat über die Auswirkungen des Luftreinhalteplans bezüglich aller untersuchten Schadstoffe (Feinstaub, Kohlendioxid, Stickstoffoxide) und unterrichtet dieses über den aktuellen Stand der Lärmaktionsplanung.
9. Der dem Oberbürgermeister vorliegende Klimaschutz-Steckbrief für Schwäbisch Gmünd wird dem Gemeinderat vorgelegt und veröffentlicht.
Sozusagen außer Konkurrenz beantragen wir die Beantwortung unseres Antrags von 2017 „Berechnung und Darstellung der Vollkosten des Einwohnerzuwachses unter Berücksichtigung des Investitionsbedarfs in die allgemeine Infrastruktur“ noch vor dem Ende der Amtszeit dieses Gemeinderats.
Schwäbisch Gmünd, 27. Februar 2019